Ortenburg kann für sich beanspruchen, zehn noch aktive Vereine zu beherbergen, die als eine der Ersten in Bayern oder in Niederbayern noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet wurden. Einer der ersten betagten Vereine aus der zwei- ten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist die Freiwillige Feuerwehr Ortenburg. Sie ist die älteste Marktfeuerwehr in Bayern.
In seiner traditionsreichen Geschichte blieb der Markt Ortenburg von großen Brand- katastrophen nicht verschont. Das Wirken der dem Feuer wehrenden Männer, die aus den sogenannten Werkleuten, den Zimmerern und Mauerern aufgeboten wurde, läßt sich schon 106 Jahre früher nachweisen, bei dem Marktbrand vom 15. November 1753. Wann der Markt Ortenburg erstmals in den Besitz einer Feuerspritze kam, ist nicht bekannt. Geschichtlich ist nachgewiesen, daß bei der großen Brandkatastrophe der Stadt Vilshofen, am 12. Mai 1794, Bewohner Ortenburgs mit ihrer Feuerspritze an der Bekämpfung des Feuers teilnahmen. Sie hatten bei diesem Brand sogar ein Todesopfer zu beklagen. Ein weiterer Ortenburger wurde durch eine einstürzende Giebelmauer am Arm schwer verletzt. Rühmend wird auch die tätige Nächstenliebe, die den Brandleidern von seiten Ortenburgs zuteil wurde, erwähnt.
Als 1805 das kurfürstlich bayerische Schloß, damals Rentamt, in Griesbach brannte, war neben Griesbach und Rotthalmünster auch Ortenburg mit seiner Feuer- spritze an den Löscharbeiten beteiligt.
Die Bewährungsprobe, ja fast vergeblich möchte man sagen, mußten die Ortenburger bestehen, als am 8. März 1834 ein Brand am Marktplatz ausbrach, der 25 Haupt- und Nebengebäude einäscherte. Wie unzulänglich da die vorherige Ausrüstung war, wurde hier besonders augenfällig. Noch im gleichen Jahr kaufte die damalige Gemeindeverwaltung eine größere fahrbare Druckspritze. Diese Feuerspritze, für damals schon sehr modern, kann heute noch im Feuerwehrmuseum auf der Veste Oberhaus in Passau besichtigt werden.
25 Jahre später, 1859, brannte es wieder. Diesmal das Hasenwirtshaus. Dies dürfte endgültig den Anstoß gegeben haben, um im Oktober 1859 eine freiwillige Feuer- wehr zu gründen. Sie war damit die erste Marktfeuerwehr in Bayern. Zu der Zeit gab es erst 20 freiwillige Feuerwehren in den Bayerischen Städten. Selbst München hat erst sieben Jahre später eine freiwillige Feuerwehr gegründet. 1846 wurde die erste freiwillige Feuerwehr Deutschlands in Durlach gegründet.
Mutige und fortschritliche Männer, hier besonders der Lederersohn Rudolf Wimber, hatten erkannt, daß nur eine gut organisierte und ausgebildete Mannschaft eine planvolle und erfolgreiche Brandbekämpfung durchführen kann. In einer Satzung waren Zweck und Verwaltung der Wehr festgelegt. Eine Dienstanordnung enthielt Bestimmungen über das Verhalten der Führer und der Mannschaft bei Bränden. Die Uniform der Wehr bestand aus kurzem, hellgrauem Rock und Schirmmütze, hernach Bluse von blaugestreiftem Stoff mit rotem Besatzstreifen und später aus grauem Tuchrock. Wann die Einführung von Helme erfolgte, ist nicht überliefert. Im Statut vom November 1868 war es jedem Feuerwehrmann freigestellt, sich auf eigene Kosten einen Helm zu kaufen. 1913 kaufte man 80 Lederhelme. Nachweis- bar ist, daß 1925 auch noch der Stahlhelm mit Messingkamm getragen wurde.
Überhaupt war die Ortenburger Feuerwehr sehr rührig. 1862 beteiligte man sich an einer Feuerwehrversammlung in Augsburg und am 13. April 1968 nahm man in Gunzenhausen an der Gründung des Landesverbandes teil. 1869 wird erwähnt, daß die Feuerwehrkameraden zur Körperertüchtigung gemeinsam dem Turnsport huldigten und diese Tätigkeit auch auf die Jugend ausdehnten. Somit ist die Feuer- wehr der Vorläufer des Turnvereins, dem heutigen ASV Ortenburg geworden, der allerdings erst im Jahre 1893 gegründet wurde.
1862 und 1874 wurde je eine fahrbare Saug- und Druckspritze von der Marktge- meinde beschafft und am 16. Juli 1865 erhielt die Wehr ihre erste Fahne. Bei der Weihe derselben fungierte die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Regensburg als Paten- verein. Die Fahne war bis 1984 noch in Gebrauch und hat nun einen ehrenvollen Platz im Gerätehaus.
Hoher Leistungswille und kameradschaftliches Zusammenarbeiten gaben der Wehr die Schlagkraft zum wirksamen Kampf gegen das Feuer. Besonders bei der letzten großen Brandkatastrophe im Markt Ortenburg am 11. Oktober 1908, war ihre Leistungsfähigkeit auf eine harte Probe gestellt. Mit Hilfe zahlreicher Nachbar- wehren und besonders der Feuerwehr Vilshofen, welche mit einer Dampfspritze ent- scheidend eingriff, konnte ein Feuer noch größeren Ausmaßes verhindert werden.
Erwähnt sei noch die 26jährige überaus hingebungsvolle Tätigkeit des Metzgermeis- ters und späteren Bezirksbrandinspektors David Lössl für die Sache der Feuer- wehr. Unter seiner Führung erfuhr die Ortenburger Wehr bedeutende Verbesserung in der Ausrüstung, u.a. wurde 1925 die erste Motorspritze und im Jahre 1928 eine neue mechanische Schiebeleiter angeschafft. Ab den vierziger Jahren stand ihnen neben einer Tragkraftspritze auf einem Anhän- ger, auch ein Hanomag Mannschaftswagen zur Verfügung.
In die Amtszeit des Kommandanten Alfons Simet fiel das100-jährige Gründungs- fest 1959, daß auf dem historischen Festplatz zu Füßen des Schlosses Ortenburg stattfand und bei dem der damalige Staatsminister des Innern, Alfons Goppel, die Schirmherrschaft übernahm. Bei einem Großbrand am 13. August 1960 im Sägewerk Lößl, fiel durch einen un-
glücklichen Umstand die Motorspritze der Ortenburger Wehr aus. Weiter wurde in seiner 28-jährigen Amtszeit von 1955 – 1981 ein Ford Kombi und eine neue Tragkraftspritze beschafft. Die Übergabe fand am 04. Oktober 1961 am Volksfestplatz statt. Man wollte zwar damals schon ein Großfahrzeug anschaffen, ein Löschgruppenfahrzeug auf Opel Blitz war im Gespräch, doch sei dieses Vorhaben von dem umliegenden Gemeinden abgelehnt worden und alleine wäre eine solche An- schaffung für den Markt Ortenburg finanziell nicht tragbar gewesen (Gebietsreform war erst 1978). Von einem anstrengendem und aufopferungsvollen Einsatz der Feuerwehr Orten- burg, bei der Explosion und dem Großbrand in der Stuhlfabrik Katzbichler und Sohn (KASON) berichtete die Chronik am 06. Juni 1966. Bei der Generalversammlung 1978 wurde die Anschaffung eines Tanklöschfahrzeu- ges angesprochen. Spätestens jetzt wo man durch die Gebietsreform eine Gemein- schaft geworden, ist der Kauf eines solchen Fahrzeuges unaufschiebar geworden, so Kommandant Simet.
Unter Kommandant Beham erhielt 1983 die Feuerwehr dann als Zwischenlösung ein Löschgruppenfahrzeug (LF 8). Da im Rathaus kein geeigneter Stellplatz zur Verfü- gung stand, mußte eine Raiffeisengarage beim Bahnhofsgelände angemietet wer- den. Die anderen Ausrüstungsgegenstände, sowie der Ford-Kombi waren weiterhin im Rathaus untergebracht. Erstmals erhielt man auch eine Funkausrüstung und schweren Atemschutz. Ebenso eine Rettungsschere und Mittel zur Ölschadensbekämpfung. Ein Jahr später konn- te dann das 125-jährige Bestehen der Wehr mit einer Fahnenweihe groß gefeiert werden. Patenverein war die Freiwillige Feuerwehr Königbach, Schirmherr war Land- rat Baptist Kitzlinger.
Nach vielen Jahren der Suche nach einen geeigneten Standort konnte am 22. No- vember 1985 das neue Feuerwehrgerätehaus bei der Abzweigung der Fürsten- zeller Straße, zur Auffahrt ins Ledererfeld eingeweiht werden. Man bezeichnete es als Meilenstein in der Entwicklung des örtlichen Feuerwehrwesens. Die bisherigen Räumlichkeiten entsprachen in keinster Weise mehr den Anforderungen einer Stütz- punktwehr. Lange und intensiv beschäftige dieses Anliegen auch den Ortenburger Marktrat. So reichten z.B. Überlegungen, das Feuerwehrhaus im ehemaligen Jeggle- Haus am Marktplatz unterzubringen, bis 1980 zurück.
Am 13. Oktober 1987 erhielt man schließlich das Tanklöschfahrzeug (TLF 16/25). Damit wurde die Schlagkraft und Einsatzbereitschaft entscheidend gesteigert und ist inzwischen unentbehrlich geworden. Neben der Beladung zur Brandbekämpfung enthält das Fahrzeug auch Gerät für Technische Hilfeleistung. Diese Zusatzbeladung dient vor allem zur Hilfe bei Verkehrsunfällen mit eingeklemmten Personen. Die An- schaffungskosten beliefen sich auf ca. 285.000 DM. Die FFW Ortenburg beteiligte sich mit 5.000,- DM an den Kosten. Das LF 8 wurde an die Feuerwehr Unteriglbach ab- gegeben. Dafür erhielt man von Unteriglbach ihr Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF), einen älteren Unimog, der ab dem 25. September 1991 durch ein neueres TSF ersetzt wurde. Die aus dem Jahre 1961 stammende Tragkraftspritze wurde ein Jahr später ebenfalls durch eine neue ersetzt. Man machte sich aber auch inzwischen Gedanken über eine Ersatzbeschaffung für den über 30 Jahre alten Ford-Kombi, der bis dahin noch als Mehrzweckfahrzeug eingesetzt wurde. Die Gemeinde lehnte eine Ersatzbeschaffung ab, so daß man sich 1993 aus eigenen Mitteln einen gebrauchten VW Transporter kaufte und in Eigenleistung umrüstete. Die schon seit längerem im Gespräch gewesene und 1995 beantragte Drehleiter für den Gemeindebereich Ortenburg wurde ebenfalls abgelehnt. Derzeit stehen hierfür keine Finanzmittel zur Verfügung, so die Gemeinde. Die Einsatzzahlen sind in den letzten Jahren stetig angestiegen, 2002 zählte die Sta- tistik bisher die meisten Einsätze, 72 mal rückte man aus.
Walter Fuchs / Simon Loher
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mechanische Schiebeleiter
Tanklöschfahrzeug TLF 16/25
Tragkraftspritzenfahrzeug TSF
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